Betriebsgefahr beim Kfz
Nach einem Verkehrsunfall erfolgt die Schadensregulierung in der Regel nach dem Prinzip des Verschuldens. Folglich muss die Person für den Schaden aufkommen, die für den Zusammenstoß verantwortlich ist. Eine Ausnahme gibt es allerdings in der Gesetzgebung – die sogenannte Betriebsgefahr beim Kfz (Kraftfahrzeug).
Aber was bedeutet die allgemeine Betriebsgefahr beim Kfz? Wann gilt diese und welche verschiedenen Arten gibt es? Wie hoch ist die Haftungsquote bei der Betriebsgefahr des Kfz? Alle Antworten rund um dieses Thema finden Sie auf dieser Seite.
Betriebsgefahr beim Kfz – das Wichtigste im Überblick:
- Eine Betriebsgefahr beim Kfz bedeutet, dass allein der Betrieb eines Fahrzeugs schon eine Gefahrenquelle darstellen kann (allgemeine Betriebsgefahr beim Kfz).
- Damit kann ein unverschuldeter Unfall erklärt werden.
- Im Verkehrsrecht ist die Betriebsgefahr von Kfz-Fahrzeugen in § 7 Abs. 1 StVG verankert.
- Betriebsgefahr bei Kfz-Fahrzeugen: Die Haftungsquote liegt in der Regel bei 20 bis 25 %.
- Bei selbstverschuldeten Unfällen kann ein Bußgeld fällig werden, wenn die Betriebsgefahr nicht gilt.
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Was ist die Betriebsgefahr beim Kfz?
Die Betriebsgefahr beim Kfz umschreibt die sogenannte „Gefährdungshaftung“. Demnach ist der Fahrzeughalter für Schäden verantwortlich, die durch den Betrieb des Fahrzeugs verursacht werden, unabhängig von einem Verschulden. Dabei muss ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Betrieb des Fahrzeugs und dem entstandenen Schaden bestehen. Die Betriebsgefahr baut auf dem Grundgedanken auf, dass schon allein der Betrieb eines Fahrzeugs zur Gefahrenquelle für die Allgemeinheit werden kann (verschuldensunabhängig). Gemäß dem Verkehrsrecht ist dies grundsätzlich bei der Nutzung von Kraftfahrzeugen möglich (allgemeine Betriebsgefahr beim Kfz). Demnach kann auch ein unverschuldeter Unfall leichter erklärt werden.
„Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“ (§ 7 Abs. 1 StVG)
Demnach reicht allein der Betrieb eines Autos aus, um bei einem Unfall eine Haftung für entstandene Schäden zu begründen. Somit müssen weder eine konkrete Schuld noch ein Verstoß gegen Verkehrsregeln vorliegen.
Was ist die Verschuldenshaftung?
Neben der Betriebsgefahr kann der Fahrzeughalter auch dann haftbar gemacht werden, wenn ein Verschulden vorliegt, etwa durch ein gefährdendes Verhalten wie beispielsweise Drängeln auf der Autobahn.
Für welche Fahrzeuge gilt die Betriebsgefahr?
Die Betriebsgefahr bezieht sich ausschließlich auf Kraftfahrzeuge wie Autos, Lkw und Motorräder – Fahrräder hingegen sind davon ausgenommen, da sie nicht motorisiert sind. Gemäß § 8 StVG sind auch Kraftfahrzeuge nicht betroffen, die auf einer ebenen Strecke nicht schneller als 20 km/h fahren können (zum Beispiel ein E-Scooter).
Betriebsgefahr beim Kfz – gibt es spezielle Regelungen
für Fahrzeuge mit Arbeitsfunktion?
Bei Fahrzeugen mit Arbeitsfunktion (beispielsweise einem Lkw mit einer montierten Arbeitsbühne) ist es derweil umstritten, ob ein Schaden durch den Betrieb des Fahrzeugs oder der Arbeitsmaschine entstanden ist. Entscheidend ist, ob die Gefahr durch das Fahrzeug als Verkehrsmittel oder als Arbeitsgerät verursacht wurde. Eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG entfällt, wenn das Fahrzeug nicht mehr als Transportmittel dient, sondern nur als Arbeitsmaschine genutzt wird.
Für Traktoren oder Erntemaschinen mit Einsatz außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums entfällt die Haftung gemäß § 7 StVG, wenn die Transportfunktion des Fahrzeugs lediglich der Vorbereitung der landwirtschaftlichen Fläche dient oder wenn die Arbeitsmaschine im Vordergrund steht und der Schadensablauf nicht durch den Fahrzeugbetrieb beeinflusst wird.
Wann besteht die Betriebsgefahr bei Kfz?
Prinzipiell besteht die Betriebsgefahr beim Kfz immer dann, wenn das Auto, Motorrad oder der Lkw in Betrieb ist. Dies wird somit bei der Schadensregulierung berücksichtigt. Jedoch gibt es laut Gesetzgebung einige Ausnahmen.
Wann entfällt die Betriebsgefahr beziehungsweise Gefährdungshaftung?
Eine allgemeine Betriebsgefahr bei Kfz gilt in folgenden Fällen nicht:
1) Höhere Gewalt
Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn das Unfallereignis auf höhere Gewalt zurückzuführen ist. Dazu gehören beispielsweise Naturkatastrophen (wie Überschwemmungen, Erdbeben, Unwetter oder Tornados), die den anschließenden Unfall begründen. In der deutschen Rechtsprechung werden auch Aufruhr, Blockade, Bürgerkrieg, Revolution und Streik als Fälle höherer Gewalt angesehen.
2) Autodiebstahl
Das Gleiche gilt, wenn das Auto nach einem Diebstahl ohne das Wissen und den Willen des Halters genutzt wird. Dann geht die Betriebsgefahr auf den Fahrer über, sofern der Halter die Entwendung nicht durch eigenes Verschulden ermöglicht hat.
3) Unverhältnismäßigkeit
Zusätzlich kann in einigen Fällen auch die Haftung aus der Betriebsgefahr unverhältnismäßig erscheinen und somit entfallen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Unfallverursacher seine Sorgfaltspflichten missachtet hat.
4) Stehendes Fahrzeug
Stehende Fahrzeuge sind per se zunächst nicht in Betrieb. In einigen Fällen haben Gerichte jedoch die Betriebsgefahr sogar für ein stehendes Fahrzeug bestätigt. Ob eine Mitschuld besteht und wie hoch die Haftungsquote ausfällt, hängt von einem möglicherweise vorliegenden Halte- oder Parkverstoß ab.
5) Provozierter Schaden
Bei einem provozierten Schaden (z. B., wenn ein Fahrzeug absichtlich ein Hindernis auf der Fahrbahn schafft, um beispielsweise einen Auffahrunfall herbeizuführen) entfällt die Betriebsgefahr des auffahrenden Fahrzeugs. In einem solchen Fall sind die üblichen Gefahren, die mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs verbunden sind, nicht relevant. Stattdessen haftet bei einer Unfallabwicklung die Person, die das Hindernis absichtlich verursacht hat aufgrund ihres grob verkehrswidrigen Verhaltens und der Zweckentfremdung des Fahrzeugs.
6) Zurücktreten der Betriebsgefahr
Tritt bei einem Unfall das Verschulden des Schädigers besonders stark hervor (beispielsweise durch grob verkehrswidriges Verhalten) kann die Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Geschädigten entweder vermindert oder vollständig zurücktreten. Bei einem Auffahrunfall kann die Betriebsgefahr des auffahrenden Fahrzeugs vollständig hinter den Verursachungs- und Verschuldensbeiträgen des Vorausfahrenden sowie dessen Betriebsgefahr zurücktreten, wenn der Vorausfahrende ein besonders gefährliches Fahrmanöver durchgeführt hat.
Welche Arten der Betriebsgefahr gibt es?
Bei der Betriebsgefahr wird zwischen drei Abstufungen differenziert. Die Einstufung der Betriebsgefahr hängt grundsätzlich vom potenziellen Risiko ab, das von der jeweiligen Anlage oder dem Betrieb ausgeht.
1) Einfache Betriebsgefahr
Die einfache Betriebsgefahr liegt allein durch den Betrieb einer Anlage vor, weitere Bedingungen sind nicht erforderlich.
2) Allgemeine Betriebsgefahr
Die allgemeine Betriebsgefahr bezieht sich auf die Risiken, die regelmäßig mit dem Betrieb einer Anlage verbunden sind.
3) Erhöhte Betriebsgefahr
Eine erhöhte Betriebsgefahr liegt vor, wenn besondere Risiken die allgemeine Betriebsgefahr verstärken.
Betriebsgefahr beim Kfz – die Haftungsquote
Bei der Betriebsgefahr für Kfz liegt die Haftungsquote (Mithaftung) in der Regel bei 20 bis 25 %, wobei auch immer die individuellen Umstände des Zusammenstoßes eine Rolle spielen. Grundsätzlich fällt bei Betriebsgefahr die Kfz-Haftungsquote bei einem Lkw oder Bus im Vergleich zu einem Pkw höher aus (rund 30 bis 40 %). Dies ist auf die höhere Fahrzeugmasse und den längeren Bremsweg zurückzuführen. Bei Motorrädern wird allerdings nicht automatisch von einer erhöhten Betriebsgefahr ausgegangen.
Ausnahme: Wenn die höhere Instabilität des Kraftrades nachweislich zum Unfallgeschehen beigetragen hat, besteht automatisch eine Betriebsgefahr.
Fachkundige Unterstützung – die Fachanwälte für Verkehrsrecht in unserer Kanzlei
Wenn es um die Betriebsgefahr beim Kfz und die Haftungsquote geht, ist die Unterstützung durch einen kompetenten Rechtsanwalt häufig unerlässlich. Die allgemeine Betriebsgefahr bei Kfz-Fahrzeugen beschreibt die grundlegende Gefahr, die mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs einhergeht. Allerdings können in diesem Kontext komplexe rechtliche Fragen aufkommen.
In der Kanzlei Fenderl & Dietrich stehen fachkundige Fachanwälte für Verkehrsrecht bereit, um Sie in rechtlichen Fragen zu beraten und Sie auch vor Gericht zu vertreten. Dank der langjährigen Erfahrung kennen unsere Fachanwälte die feinen Nuancen des Verkehrsrechts und verhelfen Ihnen zu Ihrem Recht, wenn Sie vor einem Problem mit der Betriebsgefahr eines Kfz und der Haftungsquote stehen. Nehmen Sie jetzt Kontakt zu uns auf!
Unfallabwicklung – welche Folgen gibt es für die Versicherung?
Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist nach dem Pflichtversicherungsgesetz aufgrund der hohen Betriebsgefahr von Fahrzeugen obligatorisch. Jeder Fahrzeughalter in Deutschland braucht also auch eine Versicherung. Die zu zahlenden Beiträge der Fahrzeughalter richten sich nach verschiedenen Faktoren, darunter auch die Unfallhäufigkeit in der jeweiligen Region. Anders verhält es sich bei der Betriebshaftpflichtversicherung. Hier hat der Standort des Betriebsgrundstücks weniger Einfluss – entscheidend sind vielmehr die Art des Geschäftsbetriebs und das damit verbundene Risiko.
Die Betriebsgefahr eines geparkten Autos führt zu einer Gefährdungshaftung. Somit haftet der Halter, wenn ein Dritter durch das Fahrzeug geschädigt wird (auch ohne eigenes Verschulden). Zum Beispiel kann ein Kurzschluss im Kabelraum eines geparkten Autos einen Brand auslösen, der auf andere Fahrzeuge übergreift. In diesem Fall haftet der Fahrzeughalter, da ein Unfall als plötzliches, unvorhersehbares Ereignis gilt, das durch den Betrieb des Fahrzeugs verursacht wurde.
Umfassende Rechtsberatung zur Betriebsgefahr beim Kfz –
wir stehen Ihnen zur Seite!
Sobald die Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs bei einem Verkehrsunfall eine Rolle spielt, sind Sie mit einer fachkundigen Unterstützung durch einen Rechtsanwalt gut beraten. Unsere Fachanwälte für Verkehrsrecht können Ihre Rechte und Interessen vollumfänglich vertreten, da sie bestens mit allen Feinheiten und Fallstricken des Verkehrsrechts vertraut sind. Ihre langjährige Erfahrung und umfassende Expertise ermöglicht es ihnen, all Ihre Fragen zu beantworten, Sie individuell auf Ihren Fall zugeschnitten zu beraten und Sie sicher durch den gesamten Prozess zu begleiten – von der ersten Schadensmeldung bis hin zur möglichen Klage oder Verhandlung. Insbesondere bei Streitigkeiten über die Höhe der Haftung oder bei der Abgrenzung von Verschuldens- und Gefährdungshaftung kann die Expertise eines Fachanwalts für Verkehrsrecht den entscheidenden Unterschied im Verfahren ausmachen.
Der Rechtsanwalt prüft außerdem, ob eventuell weitere Faktoren wie grob fahrlässiges Verhalten von anderen Verkehrsteilnehmern oder besondere Umstände des Unfalls wie höhere Gewalt berücksichtigt werden müssen. Nur so ist eine optimale Rechtsvertretung möglich.
Wenn Sie in einen Unfall verwickelt sind und Fragen zur Betriebsgefahr beim Kfz-Fahrzeug und der Haftungsquote haben, zögern Sie nicht und wenden Sie sich an die Kanzlei Fenderl & Dietrich in Aschaffenburg. Kontaktieren Sie uns noch heute für eine umfassende Beratung und lassen Sie sich kompetent unterstützen, um Ihre Ansprüche bei der Betriebsgefahr beim Kfz-Fahrzeug durchzusetzen.